Positionspapier: Für die Trennung von Staat und Kirche, von Thron und Altar.

Podiumsteilnehmer*innen auf der Veranstaltung

Das Grundgesetz gewährleistet allen Bürger*innen in Deutschland in gleicher Weise die Freiheit und den Schutz ihrer religiösen Überzeugungen.

Die Grenzen der Selbstverwaltung der Kirchen ist da erreicht, wo die Kirchen den Bereich der Glaubensverkündung verlassen und gesellschaftliche Aufgaben übernehmen. Hier gilt der uneingeschränkte staatliche Grundrechtsschutz.

Die weltanschauliche Neutralität des Staates und die konsequente Trennung von Staat und Kirche wurde in den meisten modernen Gesellschaften spätestens im Verlauf des 20. Jahrhunderts durchgesetzt. Im deutschen Grundgesetz ist diese Trennung im Artikel 140 festgeschrieben. Dennoch findet man kaum sonst noch auf der Welt so exzeptionelle Privilegien der Kirchen im Verhältnis zum Staat wie sie hierzulande die beiden christlichen Großkirchen genießen.

In der Staatspraxis und nach der herrschenden Meinung des Staatskirchenrechts werden der christliche Mehrheitsglaube und seine Institutionen in besonderer Weise geschützt und gefördert. Bischofsgehälter, Militärseelsorge und schulischer Religionsunterricht werden nicht etwa durch Kirchensteuern sondern aus dem allgemeinen Steueraufkommen  finanziert. Ebenso werden zu 80 bis 100% soziale Einrichtungen, wie z.B. Krankenhäuser, Kindergärten, Altenheime etc., die von den Kirchen betrieben werden, staatlich finanziert. Die kirchlichen sozialen Betriebe wie Caritas und Diakonie, die sich selbst verwalten, sind mit die größten privaten Arbeitgeber mit über einer Million Beschäftigten. Vom Streikrecht und Betriebsverfassungsrecht sind sie ausgenommen. In diesen Einrichtungen gelten eigene arbeitsrechtliche Regelungen.

Des Weiteren gibt es einen in der Verfassung verankerten religiösen Erziehungsauftrag des Staates in Kooperation mit den Kirchen. Die Stellung der Kirche im Bildungswesen, so wie sie auch uns bekannt ist, hat jahrhundertealte historische Ursachen.

Heute, unter der Realität einer wachsenden gesellschaftlichen Vielfalt und der jüngeren gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklung in unserem Land, ist es mehr als zweifelhaft, ob diese christlichen Vorrechte mit dem Gebot des weltanschaulich neutralen Staates noch vereinbar sind.

Die große Aufgabe, unsere Aufgabe,  überkommene Privilegien der Kirche abzubauen, und die demokratische Vielfalt in Staat und Kirche voranzubringen, macht die Zusammenarbeit aller Reformkräfte nötig und möglich. Die berechtigte Forderung in einer Demokratie nach einer Trennung von Staat und Kirche, von Thron und Altar, sollte jedoch losgelöst bleiben von der Auseinandersetzung über die Inhalte der Glaubenslehren selbst.

Thesen/Forderungen

Kirchen soweit sie öffentlich-rechtliche Körperschaften sind, haben das Recht, eigene Steuern zu erheben. Die Verfassung enthält allerdings keine Regelung des Einzugs kirchlicher Steuern durch den Staat. Der Steuereinzug durch den Staat verletzt das Gebot der Trennung von Staat und Kirche.

Wir fordern,

  • dass kirchliche Steuern nicht mehr durch den Staat eingezogen werden.
  • dass kulturelle und soziale Aktivitäten der Kirchen und der sonstigen weltanschaulichen  Gemeinschaften nach den gleichen Grundsätzen gefördert werden wie die aller anderen Gruppierungen. Nicht förderungsfähig sind Veranstaltungen missionarischen Charakters. Monopole sind unzulässig. Symbole religiöser Gemeinschaften in öffentlichen Einrichtungen sollen verboten sein.
  • dass für die Arbeitnehmer*innen in kirchlichen Einrichtungen das allgemeine Arbeits-und Sozialrecht zu gelten hat.
  • dass die besondere Militärseelsorge, die von der Verfassung her in staatlicher Trägerschaft unzulässig ist, eingestellt wird.
  • dass die Konkordate und Kirchenverträge, die der dauerhaften Sicherung kirchlicher Privilegien dienen, gekündigt werden. Sie sind überflüssig, und schaden dem parlamentarischen Entscheidungsprozess, weil sie ihm weitestgehend entzogen sind.
  • Konkordatslehrstühle aufzuheben, sie sind verfassungswidrig. Sie stehen wegen ihrer Kirchen und Glaubensbindung der Freiheit der Wissenschaft entgegen, sie haben daher keinen legitimen Platz an den Universitäten.
  • dass die Bekenntnisgrundschulen in NRW in Gemeinschaftsgrundschulen umgewandelt werden. Andere schulische Ausbildungseinrichtungen wie z.B. Gymnasien, Berufskollegs  in Kirchenhand sollten entsprechend überführt werden.
  • dass der religionsneutrale Staat keinen von ihm verantworteten Unterricht religiöser oder weltanschaulicher Unterweisung allein in kirchlicher Hand betreibt, sondern den erzieherischen Lehrauftrag erteilt, über Religionen und Weltanschauungen zu informieren.
  • dass die Lehrinhalte im deutschen Schulwesen nach wissenschaftlichen Kriterien entwickelt werden. Naturwissenschaftlicher Unterricht sollte sich nach wissenschaftlich belegten Fakten richten und nicht nach religiösen Glaubenssätzen.
  • dass die Staatsleistungen entsprechend der Verfassung(Art. 140 GG in Verb. mit 138 WRV) abgelöst werden. Aus diesem Verfassungsauftrag ergibt sich, dass  es keine neuen Staatsleistungen geben darf.

Um diese Forderung umsetzen zu können, müssen die Sonderrechte der Kirchen abgeschafft werden, die Bundes- und Länderverfassungen entsprechend geändert werden.

Köln, 12.06.2014