Un Testimonio de Fraternidad – Eine Studienfahrt nach Cuba

Von Hans Günter Bell

Drei Wochen Cuba, das hieß: drei Wochen Sozialismus und drei Wochen Karibik, das hieß: ein volles Programm mit vielen neuen Eindrücken und Bekanntschaften, und ohne Zweifel waren diese drei Wochen auch die Krönung der jahrelangen Solidaritätsarbeit des „Forum spw-Rheinland“.

Im September war eine neunköpfige Delegation unseres Vereins gemeinsam mit Mitgliedern der Christlichen Initiative Mittelamerika (CIMA) in der Evangelischen StudentInnengemeinde der Universität Köln zu einer Studienfahrt auf Cuba.
Diese Fahrt führte uns durch drei Provinzen im westlichen Teil der Insel (Havanna, Pinar del Rio, Matanzas) sowie in die Stadt Havanna. Und da wir während der ersten Woche Gast einer evangelischen Kirchengemeinde in San Antonio del Los Baños, einer Stadt südlich von Havanna, waren und dann in der zweiten Woche in die Obhut des kommunistischen Jugendverbandes (Unión de Jóvenes Communistas [UJC]) nach Havanna wechselten, fiel das Programm dementsprechend abwechslungsreich aus.
Während wir in der ersten Woche zunächst zahlreiche Nicht-Regierungsorgani-sationen besuchen und uns über ihre Arbeit in den Bereichen Naturheilmedizin, biologischer Landbau, Stadtteilsozialarbeit u.a.m. informieren konnten, folgten in der zweiten Woche dann Gespräche mit FunktionärInnen der UJC und Besuche in „offiziellen“ Institutionen des cubanischen Staates. Besonders eindrucksvoll hier: die Escuela Latinoamericana de Medicina, wo junge Menschen aus einer Vielzahl lateinamerikanischer Länder zu MedizinerInnen ausgebildet werden und der Besuch im Finley Institut, wo auf Weltmarktniveau Impfstoffe erforscht und hergestellt werden.
Unvergesslich auch die Freundlichkeit der Menschen. Vor allem von einem abendlichen Empfang durch ein „Komitee zur Verteidigung der Revolution“ (CDR) in einem Straßenzug in der Nähe unseres Hotels waren wir völlig begeistert: Für die „jungen deutschen Gästen“ wurde von den BewohnerInnen zweier Häuserblocks ein spontanes Straßenfest organisiert.
Auf dem Programm standen zudem auch die von uns selbst organisierten Gespräche mit dem örtlichen Vertreter der Friedrich-Ebert-Stiftung und dem deutschen Botschafter, die zu einer weiteren Vervollständigung der Informationen beitrugen.
Nicht zu kurz sind bei alldem die landschaftliche Schönheiten, die Strände und das „übliche“ touristische Programm gekommen: Das Tal von Viñales in der Provinz Pinar del Rio konnten wir ebenso besichtigen wie die historische Altstadt von Havanna. Ein besonderes Ereignis war auch das für uns in einem Jugendzentrum der Hauptstadt organisierte Konzert mit jungen MusikerInnen aus dem Viertel.

Das „grüne“ Cuba: regenerative Energien.

Die Fahrt bot auch vielfältige Gelegenheiten, den beiden Schwerpunkten unserer Cuba-Solidaritätsarbeit, der Förderung regenerativer Energien und dem cubanischen Bildungssystem, nachzugehen. So konnten wir u.a. mit einem Mitarbeiter der „Kommission für das Leben“ des cubanischen (evangelischen) Kirchenrates über die Umwelt- und Energiepolitik auf Cuba sprechen und in Pinar del Rio das Kombinat „Ernesto Che Guevara“, eine Fabrik für Photovoltaikmodule, besuchen.
Eine Überraschung hielt dann jedoch „unsere“ Schule, die Internatsschule „Georgui Dimitrov“ in Caimito (Provinz Havanna), bereit. Unser Versuch, die von uns finanzierte Photovoltaikanlage, mit der die Stromversorgung dieser Schule unterstützt wird, zu besichtigen scheiterte zunächst am völligen Fehlen der SchülerInnen, der LehrerInnen und v.a. der Photovoltaikanlage. Man kann sich unsere langen Gesichter vorstellen, als wir aus dem Bus stiegen und – trotz vorheriger Anmeldung – niemanden antrafen. Auch eine intensive Suche auf den Dächern der Schule brachte zunächst die Photovoltaikanlage nicht zum Vorschein.
Nach und nach klärte sich dann aber die Situation. Ein schließlich doch auftauchender Schulhausmeister und ein herbeitelefonierter Provinzfunktionär entschuldigten sich vielmals für die Panne und erläuterten, dass unsere Anmeldung wohl auf dem Dienstweg stecken geblieben sein müsse, unser Kommen daher in der Schule nicht bekannt war und die SchülerInnen nach einem verlängerten Wochenende am Nachmittag zurückkehren würden. Was war aber mit der Photovoltaikanlage?
Hier erhielten wir eine praktische Lektion über Schwierigkeiten, die bei entwicklungspolitischen Projekten leider immer wieder auftreten: Da die deutschen Elektriker die häufigen, sich in Blitzen entladenden Unwetter auf Cuba nicht bedacht hatten, war in die Anlage keine entsprechende Sicherung eingebaut worden. So konnte ein Blitzeinschlag den Schaltkasten beschädigen, eine Reparatur war noch nicht möglich gewesen. Die Photovoltaikmodule auf den Dächern hatte man vorsichtshalber vor einem herannahenden Hurrikan in Sicherheit gebracht.
Nachdem wir dies alles besichtigt hatten und uns von dem verantwortungsvollen Umgang der Cubaner mit der Anlage überzeugt hatten, war der Schrecken schnell verflogen und für uns stand die nächste Aufgabe fest: Von Deutschland aus dafür sorgen, dass diese Photovoltaikanlage möglichst bald wieder in Betrieb gehen kann – diesmal aber mit einer Sicherung gegen die Folgen eines Blitzeinschlags.

Kundgebung mit Fidel

Der unerwartete Höhepunkt der ganzen Fahrt war dann ohne Zweifel unsere kurzfristig möglich gewordene Teilnahme an einer Kundgebung zum Beginn des neuen Schuljahres. Noch im Dunkeln nahmen wir um 6.00 Uhr morgens unsere Plätze im vorderen Bereich des Platzes der Revolution ein und wurden dann für unser Warten belohnt: Fidel Castro hielt eine Rede über die Stärken des cubanischen Bildungssystems, die CubanerInnen rund um uns herum waren begeistert – und wir mit ihnen.
Doch es kam noch besser: Nach dem Abschluss der Kundgebung unterhielt sich Fidel noch mit einigen Gästen und wandte sich dann, nachdem eine größere Gruppe von SchülerInnen ihm wiederholt zugerufen hatte, den Wartenden, also auch uns, zu. Einer so bedeutenden und von uns verehrten Person direkt gegenüber zu stehen, das war wirklich toll!

Perspektiven

Nach diesen Erlebnissen lässt uns Cuba natürlich erst recht nicht mehr los. Auf einem gemeinsamen Nachbereitungsseminar Mitte November 2002 haben die Mitglieder der CIMA und des „Forum spw-Rheinland“ gemeinsam die weitere Arbeit geplant. Die Eindrücke der Reise sollen zu einem Vortrag zusammengestellt werden, der zudem durch eine Broschüre ergänzt werden wird. Im Mai 2003 wollen wird uns auf einem weiteren Wochenendseminar der Grundzügen sozialistischer Wirtschaftsweise am Beispiel Cubas widmen. Und im September 2003 folgt dann – hoffentlich – der Gegenbesuch unserer cubanischen GastgeberInnen in Köln.