Editorial 19

„Kehrtwendung“ – so jammerte die FAZ am 24. Oktober nach der Lektüre der Koalitionsvereinbarung und der Rede Gerhard Schröders auf dem SPD-Parteitag. Er wolle nicht mehr der „Genosse der Bosse“ sein, der „dritte Weg“ sei als „Werbegag“ kassiert worden. Es kommt noch viel schlimmer: Die Bundesregierung habe sich entschlossen, „auf ihre alten und treuesten Verbündeten zu setzen“: die Gewerkschaften; Gerhard Schröder sammle „die Traditionstruppen“ hinter sich.

Doch damit nicht genug der Meinungsmache gegen die rot-grüne Politik: Der Spiegel setzte am 18. November nach: „Genosse Schröder. Von der Neuen Mitte zum Kanzler der Gewerkschaften“ titelte er und zeigte dabei den Kanzler in Arbeitshose und mit roter Fahne. Auch hier die gleiche Botschaft. Der Kanzler belohne die Gewerkschaften für ihre Unterstützung im Wahlkampf und stürze Deutschland damit ins Verderben.

Was die bürgerliche Presse so erzürnt, sind gerade die wenigen linken Ansätze in der Regierungspolitik: v.a. die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung und die Besteuerung der Gewinne aus Immobilien- und Aktienverkäufen. Und allein die Diskussion über die Wiedererhebung der Vermögenssteuer wird quasi als Kapitalverbrechen angeklagt.

Dies alles ist ein kleiner Vorgeschmack von dem, was eine Bundesregierung erwartet, sollte sie sich tatsächlich einmal daran machen, linke Politik umzusetzen. Wir sind jedenfalls erfreut, dass die SPD in den o.g. Streitpunkten trotzdem in die richtige Richtung geht und rufen ihr zu: Weiter so!

Der Vereinsvorstand