Mehr als nur braune Kleckse

von ALBAN WERNER

Antifaschistisch Aktive hatten davor gewarnt, viele waren ungläubig geblieben, doch am Ende hatten sich die schlimmsten Befürchtungen bewahrheitet: Bei den Kommunalwahlen im September 2004 konnten rechtsextreme Kräfte deutlich zulegen und schaffen den Einzug in Stadt- und Gemeinderäte.

Selbst Großstädte wie Köln, die traditionell eine antirassistische Kultur aufweisen, blieben von den Wahlerfolgen der braunen Parteien und Wahlbündnisse nicht verschont. Hier schaffte die sich rechtsbürgerlich gebende, aber klar dem rechtsextremistischen Spektrum zuzuordnende Gruppierung „Pro Köln“ den Sprung in den Stadtrat, und dann auch gleich in Fraktionsstärke. Hinzu kommt der Einzug der NPD. Dies schaffte sie nicht nur in Köln, sondern auch in Stolberg (zwei Sitze), wo sie zusammen mit der DVU eine Fraktion bildet.

In Alsdorf konnten die „Republikaner“ ihren Stimmenanteil verdoppeln, ihr Bürgermeisterkandidat konnte gar 10 % der Wählerstimmen auf sich vereinen.

Es stellt sich zunächst die Frage nach dem „Warum“ angesichts der Häufung von Wahlerfolgen der rassistischen Formationen. Schon vor den Kommunalwahlen hatte sich abgezeichnet, dass insbesondere die braunen Parteien von den niedrigen Wahlbeteiligungen profitieren: In Brandenburg konnte die DVU (obwohl schon in der Auflösung begriffen) auch dank ausufernder Plakatierung wieder in den Landtag einziehen; in Sachsen wurde die NPD mit 9 % fast ebenso stark wie die dort marginalisierte NPD. Im Saarland verfehlte die NPD die Fünf-Prozent-Hürde nur knapp.

Ein wichtiger Grund dürfte nicht zuletzt im politischen Klima zu suchen sein: Das unaufhörliche Gerede von der vermeintlichen Alternativlosigkeit des Sozialabbaus, der Lohnsenkungen und den konstruierten Bedrohungsszenarien der Bedrohung ausländischer Konkurrenz durch die „Globalisierung“ tun ihren Teil dazu, dass Menschen wieder verstärkt über ihre „nationale Identität“ angerufen werden können. Im gleichen Maße, wie der materielle Konsens der Nachkriegszeit von den ökonomischen Eliten gekündigt und ein knallharter „Klassenkampf von oben“ stattfindet, scheinen völkische Vorstellungen von Schicksalsgemeinschaft wieder identitätsstiftend zu werden.

Zusätzlich dazu schaffen die etablieren politischen Kräfte (das Spektrum reicht hier von den Grünen über Otto Schily bis zum rechtspopulistischen Bereich) mit der Zuwanderungsdiskussion fortwährend weiteren Boden für rassistische Ressentiments, indem sie einen „Verwertungsrassismus“ salonfähig machen, der Menschen nur als dann wertvoll erachtet, wenn sie „dem Standort Deutschland“ nutzen.

Überaus vorsichtig muss die Linke sein angesichts der Reaktionen seitens der Funktionselite des Kapitals: Das Statement des scheidenden BDI-Vorsitzenden Rogowski, die NPD sei zu vernachlässigen, weil vielmehr die Wahlerfolge der PDS ein Problem für die Wettbewerbsfähigkeit darstelle, haben gleichsam historische Bedeutung: Zum ersten Mal seit Jahrzehnten traut sich die Kapitalseite wieder, die braunen Kräfte (zumindest rhetorisch) als ungefährlich abzutun. Unnötig zu betonen, wo diese Strategie in der Vergangenheit geendet hat.

Wenig über das Beschriebene hinweg trösten die Erfolge linker Wahlbündnisse (zumindest der Seriösen unter Ihnen): So konnte z.B. die PDS die Anzahl ihrer kommunalen Mandate im Vergleich zu 1999 verdoppeln. „Was tun?“ lautet auch hier die Gretchenfrage, um deren Beantwortung sich emanzipatorische Kräfte in den nächsten Jahren werden bemühen müssen. Klar dürfte sein: Ohne entschlossenen Antifaschismus und Antirassismus, ohne einen aufgeklärten Internationalismus wird es nicht gehen können.