Linke Streitpunkte zur Geld- und Finanzpolitik der EU

von Alex Recht (Sozialistische Linke) und Torsten Löser (forum demokratischer sozialismus) Nahezu alle Linke finden, dass es Staaten künftig möglich sein soll, sich nicht nur über den privaten Kapitalmarkt, sondern auch direkt von der Europäischen Zentralbank (EZB) günstig Geld zu leihen. Einige meinen sogar, dass sich Staaten nur noch über die EZB verschulden sollten. Wir aber finden neben EZB-Direktkrediten auch Staatsverschuldung bei Privaten sinnvoll. Warum? Deutsche Haushalte und Unternehmen z. B. geben nicht ihr ganzes Einkommen für Konsum und Investitionen aus, sondern sparen. Wenn sie aber Teile der Produktion nicht nachfragen, wer dann? Wer verschuldet sich gegenüber den Ersparnissen? Durch im Verhältnis zur Produktivität leider zu geringe Lohnsteigerungen werden einerseits deutsche Waren verbilligt als Export nachgefragt. Im Gegenzug verschuldet sich das Ausland gegenüber Deutschland. Andererseits werden Waren durch den deutschen Staat nachgefragt, der sich dafür verschuldet. Würde die Staatsverschuldung reduziert, würde die Binnennachfrage geschwächt – mit negativen Folgen für Produktion und Beschäftigung. Natürlich ist es notwendig, durch Lohnsteigerungen den Konsum zu erhöhen, sinnvolle reale Investitionen anzuregen und den Exportüberschuss zurückdrängen. Doch unter den aktuellen Verhältnissen ist es auch gut, wenn der deutsche Staat zur Sicherung der Binnennachfrage private Ersparnisse durch Verschuldung abschöpft. Daher sollte er sich nicht nur durch EZB-Direktkredite finanzieren, sondern auch über günstige Staatsanleihen an private Haushalte und Unternehmen. OMT statt Schuldenschnitt Auch und vor allem Südeuropa braucht günstige Staatsanleihen. Ein Beispiel: Der private Käufer einer 5-jährigen südeuropäischen Staatsanleihe zu 4% Zinsen zahlt 100 Euro. Im Gegenzug erhält er pro Jahr 4 Euro Zinsen und nach 5 Jahren die 100 Euro zurück. Außerdem kann er die Anleihe an Dritte veräußern. Nehmen wir nun an, ein Dritter möchte diese umlaufende südeuropäische Staatsanleihe kaufen. Er verliert jedoch das Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit des Staates und vermutet, dass er nur die Hälfte der Ansprüche erhält, also 5 Jahre 2 Euro und … Read More

Tätigkeitsbericht für 2013

Für 2013 legen wir eine Bilanz unserer Arbeit vor, mit der wir wie in den Jahren zuvor zufrieden sind. Unser kleiner Verein bietet weiterhin eine ansehnliche Zahl von Veranstaltungen an und setzt unverändert auf Kooperationen mit Partnern aus verschiedenen Spektren der politischen Linken. Dieser Haltung entspricht auch die Erklärung des Vorstandes des Sozialistischen Forums Rheinland zu den Konsequenzen aus den Bundestagswahlen: „In den kommenden Jahren eine stabile Grundlage für Gespräche der fortschrittlichen Kräfte schaffen“. Wir wollen dort, wo wir politisch aktiv sind, zu solchen Gesprächen einladen und Gelegenheiten bieten, sich kennenzulernen und gemeinsam Projekte für einen Politikwechsel zu beraten. Veranstaltungen In 2013 fanden vier Theoriekreise statt: „Die Tore auf dem Fußballfeld sind die Eigentore der Beherrschten“ – Fußball als politische Konfliktzone; Ref.: Richard Gebhardt (Februar) Neue Finanzinvestoren auf den Wohnungsmärkten; Ref.: Daniel Zimmermann (Juni) Die radikal-autonome, egalitäre politische Theorie Jacques Rancières; Ref.: Felix Klopotek (August) Natürlichkeit und die Verbesserung des Menschen. Argumentationsweisen in der biomedizinischen Ethik am Beispiel der Enhancement-Debatte; Ref.: Dominik Düber (November) Wegen des Bundestagswahlkampfes haben wir in diesem Jahr auf unser traditionelles „Sommerprogramms“ verzichtet. Kooperationen Unserem politischen Ansatz entsprechend, eine plurale Linke zu fördern, haben wir weiterhin großen Wert darauf gelegt, gemeinsam mit Partnern Veranstaltungen durchzuführen. So hatten wir gemeinsam mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung NRW und der Studierendenvertretung an der Humanwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln Prof. Elmar Altvater zu Gast, der mit uns über den Green New Deal diskutierte (im Mai). Zudem haben wir eine Kundgebung gegen kommunale Kürzungen in Köln unterstützt: „Jetzt schlägt’s 13! Umfairteilen statt kaputt kürzen!“ (im März). Spendensammlung: Die Solidarität mit dem sozialitischen Cuba ist weiterhin ein Schwerpunkt unserer Arbeit. In 2013 haben wir am 1. Mai Spenden für ein Projekt der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba gesammelt, mit dem das medizinische Zentrum „Gloria Cuadro de la Cruz” unterstützt wird. In diesem Zentrum leben schwer geistig … Read More

„Canossa“ längst vorbei?

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Vor knapp fünf Monaten hat der Landtag NRW die Einsetzung einer Verfassungskommission beschlossen. Gegenstand der Verhandlungen soll zunächst nur der dritte Teil der Landesverfassung sein , die sogenannten „staatsorganisationsrechtlichen“ Bestimmungen. Damit steht offenbar ein Themenfeld, das „Religionsverfassungsrecht“ nicht direkt im Zentrum der Verhandlungen, obwohl eine Art „Öffnungsklausel“ im Einsetzungsbeschluss den Auftrag der Verfassungskommission durchaus auch auf dieses „heiße Eisen“ erweitern kann. Denn es geht hierbei schlicht und ergreifend um das Verhältnis zwischen „Staat und Kirche“ , Religionsgemeinschaften, also um den Geltungsanspruch, die Reichweite und die Zukunft religions- und weltanschauungsbezogener verfassungsrechtlicher Bestimmungen. Diese verursachen seit langem schon, mit gegenwärtig erneuter Intensität verbreitet „Ärger“ , dazu heftige Diskussionen in der Gesellschaft. Im einzelnen geht es dabei oft konkret um die staatliche Hilfestellung bei der Einziehung der Kirchensteuer, den Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach an öffentlichen Schulen, die kirchlicherseits gesteuerte Besetzung sog. Konkordatslehrstühle , im allgemeinen also um die in den Verfassungen des Bundes und der Länder festgeschriebenen Sonderrechte der Kirchen. Wir wollen uns unserem Selbstverständnis „Crossover“ gemäß engagiert in diese umfassende verfassungsrelevante und doch weit darüber hinausgehende gesellschaftspolitische Diskussion begeben und auf unsere Fragen zum Thema „Staat und Kirche“ versuchen gemeinsam Antworten zu finden, die uns für die Zukunft befähigen können, gemeinsam unsere Sensibilität zu steigern, Strukturen aufzubauen, treibende Kräfte vor Ort zu werden, konkret Umwandlungsprozesse in Kooperation voranzubringen, um Gesetzesänderungen bzw. Gesetzesabschaffungen vor Ort durchzusetzen, anzustreben , universal angelegte Strategien zu entwickeln. Einige der grundsätzlichen Fragen sollten wir uns stellen: Was bedeutet weltanschauliche Neutralität? Der Staat befindet sich im Umgang mit Religion und Weltanschauungen in einem ständigen Prozess, er muss klären und anwenden, was weltanschauliche Neutralität ist. Wie setzen wir uns mit ausgeprägten Autonomiebedürfnissen politisch, sozial ,kulturell und religionspolitisch auseinander? Nachdenken über die ethischen Grundlagen politischen Handelns; unsere Gesellschaft herausfordern, neu auszuhandeln, wie mit Religion , Wahrheitsansprüchen etc. umzugehen sein wird, ist. … Read More

Positionspapier: Für die Trennung von Staat und Kirche, von Thron und Altar.

Podiumsteilnehmer*innen auf der Veranstaltung

Das Grundgesetz gewährleistet allen Bürger*innen in Deutschland in gleicher Weise die Freiheit und den Schutz ihrer religiösen Überzeugungen. Die Grenzen der Selbstverwaltung der Kirchen ist da erreicht, wo die Kirchen den Bereich der Glaubensverkündung verlassen und gesellschaftliche Aufgaben übernehmen. Hier gilt der uneingeschränkte staatliche Grundrechtsschutz. Die weltanschauliche Neutralität des Staates und die konsequente Trennung von Staat und Kirche wurde in den meisten modernen Gesellschaften spätestens im Verlauf des 20. Jahrhunderts durchgesetzt. Im deutschen Grundgesetz ist diese Trennung im Artikel 140 festgeschrieben. Dennoch findet man kaum sonst noch auf der Welt so exzeptionelle Privilegien der Kirchen im Verhältnis zum Staat wie sie hierzulande die beiden christlichen Großkirchen genießen. In der Staatspraxis und nach der herrschenden Meinung des Staatskirchenrechts werden der christliche Mehrheitsglaube und seine Institutionen in besonderer Weise geschützt und gefördert. Bischofsgehälter, Militärseelsorge und schulischer Religionsunterricht werden nicht etwa durch Kirchensteuern sondern aus dem allgemeinen Steueraufkommen  finanziert. Ebenso werden zu 80 bis 100% soziale Einrichtungen, wie z.B. Krankenhäuser, Kindergärten, Altenheime etc., die von den Kirchen betrieben werden, staatlich finanziert. Die kirchlichen sozialen Betriebe wie Caritas und Diakonie, die sich selbst verwalten, sind mit die größten privaten Arbeitgeber mit über einer Million Beschäftigten. Vom Streikrecht und Betriebsverfassungsrecht sind sie ausgenommen. In diesen Einrichtungen gelten eigene arbeitsrechtliche Regelungen. Des Weiteren gibt es einen in der Verfassung verankerten religiösen Erziehungsauftrag des Staates in Kooperation mit den Kirchen. Die Stellung der Kirche im Bildungswesen, so wie sie auch uns bekannt ist, hat jahrhundertealte historische Ursachen. Heute, unter der Realität einer wachsenden gesellschaftlichen Vielfalt und der jüngeren gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklung in unserem Land, ist es mehr als zweifelhaft, ob diese christlichen Vorrechte mit dem Gebot des weltanschaulich neutralen Staates noch vereinbar sind. Die große Aufgabe, unsere Aufgabe,  überkommene Privilegien der Kirche abzubauen, und die demokratische Vielfalt in Staat und Kirche voranzubringen, macht die Zusammenarbeit aller … Read More