von Torsten Löser, Bundesparteitagsdelegierter und Sprecher der LINKEN. Köln.
Wie gut, dass ich diese Zeilen doch mit etwas zeitlichem Abstand schreiben kann. Das hilft doch ungemein, manches gelassener zu sehen.
Aus meiner Sicht hatte dieser Parteitag zwei Ziele zu erfüllen:
- Schaffung der inhaltlichen Grundlage für die Politik der LINKEN im Wahljahr 2013 und
- Wahl eines neuen Bundesvorstandes, der eben diese Inhalte in konkrete Politik umsetzt und die Partei gut in die Bundestagswahl 2013 führt.
Inhaltlich finde ich wichtig, dass die LINKE. sich klar bekannt hat, zur Ablösung der schwarz-gelben Koalition, ggf. auch Regierungsverantwortung zu übernehmen:
„Wir wollen die Ablösung der schwarz-gelben Koalition. Mit fast allen Parteien gibt es in politischen Teilbereichen Übereinstimmungen. So will der Arbeitnehmerflügel der CDU den gesetzlichen Mindestlohn, die SPD-Linke fordert die Reichensteuer, mit den Grünen verbindet uns der Ausstieg aus der Atomenergie und die Forderung nach mehr Bürgerbeteiligung, mit den Piraten die Forderung nach mehr Transparenz und Offenheit in der Politik. DIE LINKE unterscheidet sich jedoch grundsätzlich von den anderen im Bundestag vertretenen Parteien. Nur wir stehen für die Rücknahme von Hartz IV, eine konsequente Friedenspolitik und für eine andere Gesellschaft, in der die Bedürfnisse der Menschen vor Profite gestellt werden.
Wir sind bereit, Regierungsverantwortung zu übernehmen, wenn wir uns in unseren Kernforderungen dort wiederfinden, ein grundlegender Politikwechsel eingeschlagen wird und wir damit eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen erreichen können. An einer Regierung, die Kriege führt und Kampfeinsätze der Bundeswehr im Ausland zulässt, die Aufrüstung und Militarisierung vorantreibt, die Privatisierungen der Daseinsvorsorge oder Sozialabbau betreibt, deren Politik die Aufgabenerfüllung des Öffentlichen Dienstes verschlechtert, werden wir uns nicht beteiligen.“
Damit hat DIE LINKE ein klares Zeichen an SPD und Grüne gesandt und ein politisches Angebot der Zusammenarbeit unterbreitet. Es wäre gut, wenn in allen drei Parteien und besser noch über Parteigrenzen hinaus eine Debatte begänne, was das politische Projekt einer solchen Zusammenarbeit sein könnte und zwar zunächst mal sehr unabhängig davon, in welcher personellen Konstellation das geschehen müsste.
Damit sind wir bei dem Thema, dass der Partei und den Delegierten viel abverlangt hat. Die Kultur, in der wir innerhalb der LINKEN vor und auch auf dem Parteitag miteinander umgegangen sind, war wahrlich kein Ruhmesblatt. Mit Katja Kipping und Bernd Riexinger ist aber letztlich wohl doch gelungen, zwei Vorsitzende zu wählen, die die Partei einigen können. Die Signale, die beide ausgesandt haben, machen doch sehr viel Mut. DIE LINKE steht nun in den nächsten Monaten vor der Aufgabe, Vertrauen zurückzugewinnen und Politikfähigkeit wiederzuerlangen. Es wird auch von ihrem Abschneiden abhängen, ob die Kanzlerinnenschaft von Angela Merkel beendet werden kann.
Hier befindet sich die pdf-Datei des SoFoR-Infos 49 / 2022.