Beschluss des Sozialistischen Forums Rheinland im November 2005
Erstens
Das Sozialistische Forum Rheinland (SoFoR) ist ein überparteilicher Zusammenhang von LinkssozialistInnen, der politisch-praktisch und programmatisch arbeitet.
Wir stehen in der Traditionslinie marxistisch orientierter Sozialistinnen und Sozialisten in der SPD (des „Hannoveraner Kreises“), die 1978 die „Zeitschrift für Sozialistische Politik und Wirtschaft – spw“ gegründet und 1980 die „Herforder Thesen – Zur Arbeit von Marxisten in der SPD“ herausgegeben haben.
Deren enge Bindung an eine Partei kennzeichnet indes das SoFoR heute nicht mehr. Vielmehr bilden wir heute einen pluralen politischen Zusammenhang von LinkssozialistInnen, die sich in unterschiedlichen Parteien und sozialen Bewegungen engagieren. Das SoFoR vereint unter seinem Dach Mitglieder der SPD, der WASG und der Linkspartei.PDS, ein Teil unserer Mitgliedschaft gehört keiner Partei an, und unabhängig von der Frage der Parteizugehörigkeit engagieren sich manche unserer Mitglieder in sozialen Bewegungen.
Gleichwohl zeichnet sich unser Zusammenhang noch immer durch gemeinsam entwickelte Grundüberzeugungen in praktischen und programmatischen Fragen aus. Wir beharren darauf, dass die von den Menschen eingegangenen gesellschaftlichen Verhältnisse den Menschen nutzen sollen, statt sie der Kapitallogik zu unterwerfen.
Wir halten daher an der Zielvorstellung der Überwindung des Kapitalismus fest. Die individuelle Entfaltung eines jeden Einzelnen, materieller Wohlstand für die gesamte Menschheit, die Emanzipation der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter, die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und die Sicherung von Frieden lassen sich nur dann verwirklichen, wenn mit der Logik der kapitalistischen Marktwirtschaft gebrochen wird.
Wir streben daher nach wie vor eine sozialistische Gesellschaft an, in der die gesellschaftliche Produktion und Zirkulation tatsächlich der bewussten gemeinsamen Kontrolle aller Mitglieder der Gesellschaft unterstellt werden.
Dabei begreifen wir Reformen und den Kampf für eine sozialistische Gesellschaft nicht als Gegensatz. Denn zum einen bergen ökonomisch-soziale Regulierungen, kollektiv-sozialstaatliche Strukturen sowie die Errungenschaften der bürgerlichen Demokratie ein Potenzial in sich, das auch in einer sozialistischen Gesellschaft von Bedeutung sein wird. Zum anderen verbessern diese Reformen die reale Lage der Menschen. Solche Erfolge sind ein Signal dafür, dass ein anderes Leben und Arbeiten möglich ist als das vom Kapital diktierte. Sie stärken das Selbstbewusstsein der Arbeiter- und anderer fortschrittlicher Bewegungen und können Ausgangspunkt für eine grundlegende Veränderung dieser Gesellschaft sein.
Die Überwindung des Kapitalismus kann nur auf demokratischem Weg erfolgreich sein. Dies setzt die Erringung der kulturellen Hegemonie fortschrittlicher, für den Sozialismus kämpfender Kräfte voraus.
Das SoFoR betont die Bedeutung der Lohnabhängigen und ihrer Gewerkschaften. Denn das objektive Interesse an gesellschaftlichen Veränderungen ist bei ihnen aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung als Nicht-Eigentümer der Produktionsmittel am stärksten ausgeprägt.
Eine fortschrittliche Politik muss an ihren Interessen ansetzen, darf dabei aber nicht stehen bleiben. Der Kampf für gesellschaftliche Veränderung ist daran geknüpft, dass die Lohnabhängigen und ihre Gewerkschaften nicht alleine streiten, sondern Bündnisse mit sozialen Bewegungen und dem breiten Feld der Initiativen, Vereine und Verbände aufbauen (Bündnis von Arbeit, Wissenschaft und Kultur).
Wir wissen, dass die aktive Teilnahme an den gesellschaftlichen Abwehrkämpfen gegen die Zumutungen des flexiblen Kapitalismus eine wichtige Voraussetzung für einen politischen Kurswechsel ist. Wir müssen jedoch über die Negation der aktuellen Verhältnisse hinaus auch die alternativen Positionen eines solchen Politikwechsels in die Gesellschaft hineintragen.
Das SoFoR und seine Mitglieder haben zu vielen Fragen Positionen erarbeitet. So wissen wir z. B. seit langem, dass die krisenhafte Grundtendenz des entwickelten Kapitalismus aus Überakkumulation und Unterkonsum einer stabilisierenden Politik aus öffentlichen Investitionen, Lohnsteigerungen, Arbeitszeitverkürzung, öffentlicher Beschäftigung und Sozialstaatsausbau bedarf.
Die krisenhaften gesellschaftlichen Umbrüche und Veränderungen im flexiblen Kapitalismus stellen die Linke jedoch vor neue Herausforderungen. Der Wandel der Erwerbstätigkeit, die Transnationalisierung des Kapitals, die Entstehung neuer Formen von Individualität, die Gefährdung der natürlichen Lebensgrundlagen in weltweitem Maßstab sowie das Aufkommen neuer globaler Gewaltverhältnisse und Bedrohungen stellen politische Fragen, deren Klärung für die Positionsbestimmung in einer sich wandelnden Gesellschaft unerlässlich ist. Wir werden gemeinsam mit anderen Linken an dieser erforderlichen programmatischen Neubestimmung arbeiten.
Zweitens
Von Anfang erkannte unsere politische Strömung die Existenz unterschiedlicher Strömungen und Organisationen der politischen Arbeiterbewegung an. Die Zusammenarbeit über Partei- und Organisationsgrenzen hinweg ist für uns immer selbstverständlich gewesen.
Die Vielfalt an Organisationsansätzen finden wir nun ansatzweise innerhalb unserer Strömung wieder, und die hiermit verbundene Frage, wie zukünftig die gemeinsame Arbeit organisiert werden soll, stellt eine Herausforderung dar, der wir uns stellen.
Diese Vielfalt ist ein Vorteil. Zum einen können wir auf diese Weise unsere inhaltlichen Positionen in mehrere Parteien, soziale Bewegungen und andere Organisationen einbringen. Zum anderen ergänzen sich die unterschiedlichen Formen des Engagements in sinnvoller Art und Weise. Wir richten unsere Arbeit darauf aus, über Parteigrenzen hinweg gemeinsam Theorie zu entwickeln und politisch-praktisch zu kooperieren.
Auf vielfältige Art und Weise haben wir in der Vergangenheit immer wieder versucht, im regionalen Rahmen Beiträge zur Formierung eines fortschrittlichen Reformbündnisses zu leisten. So haben wir uns an der Gründung der AG „Umverteilen!“ (des heutigen Attac-Arbeitskreises „Umfairteilen!“) beteiligt, gehören zu den Gründungsorganisationen des „Bündnis Soziale Bewegung Köln“, und aus unseren Reihen kam die Initiative zur Gründung des „Rosa-Luxemburg-Club Köln“.
Drittens
Das Sozialistische Forum Rheinland versucht diese Ziele durch eine Vielzahl unterschiedlicher Veranstaltungen zu erreichen (Mitgliederversammlungen, Wochenendseminare und Theoriekreise, öffentliche Abendveranstaltungen und Tagungen). Wir begreifen diese Veranstaltungen immer auch als ein Angebot an alle fortschrittlichen Kräfte, solidarisch über Inhalte und Strategie der Linken zu diskutieren.
Zudem bieten wir unter dem Motto „more than politics!“ ein Sommerprogramm an. Durch die Mitherausgabe der „Lokalberichte Köln“, das „SoFoR-Info für das Rheinland“ und unsere Internetseite (www.sf-rheinland.de) bieten wir für die Linke in der Region Köln ein Diskussionsforum an und tragen zur Verbesserung der gegenseitigen Information bei.