Bericht über die menschliche Entwicklung 2003

[Dokumentation des Vortrags von Hans Günter Bell]

Veröffentlicht für das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP)

1. Einführung

„In Bezug auf die menschliche Entwicklung waren die 1990er Jahre zugleich die besten und die schlechtesten Jahre. In einigen Ländern und Regionen gab es noch nie dagewesene Fortschritte, während andere stagnierten oder zurückfielen. Was am stärksten auffällt, ist das Ausmaß des Stillstands und der Rückschritte. Es weist auf eine Krise menschlicher Entwicklung hin, wie es sie in früheren Jahrzehnten noch nie gegeben hat.“ (50)

Diese Krise wird u.a. durch den erstaunlichen Sachverhalt belegt, dass der Index für menschliche Entwicklung (Human Development Index [HDI]) in den 1990er Jahren in insgesamt 21 Ländern gefallen ist.

Es waren v.a. zwei Ländergruppen, die Rückschritte erlitten haben:
die Länder der GUS und die armen afrikanischen Länder.

Von den Autorinnen und Autoren des Berichts wird dies v.a. auf drei Gründe zurückgeführt:

  • die Ausbreitung von AIDS, durch die sich die Lebenserwartung verringert hat (die armen afrikanischen Länder);
  • zwischenstaatliche Konflikte (die armen afrikanischen Länder);
  • der Einbruch bei den Einkommen in Folge des „Übergangs zur Marktwirtschaft“ (73) (in den Ländern der GUS).

Sie verweisen auch darauf, dass „ein großer Teil der eindrucksvollen Minderung der weltweiten Armut in den 1990er Jahren […] durch Chinas unglaubliches Wirtschaftswachstum […] vorangetrieben [wurde], durch das 150 Millionen Menschen der Armut entkommen sind.“ (53)

2. Der Index für menschliche Entwicklung

Der Index für menschliche Entwicklung ist ein einfaches zusammengesetztes Maß, mit dessen Hilfe Aussagen über die „menschliche Entwicklung“ getroffen werden sollen. Sein Maßstab ist es,
ein langes und gesundes Leben zu führen und
einen angemessenen Bildungs- und Lebensstandard zu haben.

Als Indikatoren werden verwendet:

  • die Lebenserwartung,
  • der Schulbesuch und die Fähigkeit lesen zu schreiben zu können und
  • das Einkommen.

Tab. 1: Human Development Index

Die Tatsache, dass die Rangfolgen beim HDI und beim Bruttoinlandsprodukt können voneinander abweichen zeigt,

„… dass ein hohes Niveau menschlicher Entwicklung auch ohne hohes Einkommen erreicht werden kann, und dass ein hohes Einkommen keine Garantie für ein hohes Niveau menschlicher Entwicklung ist. […] Mit der richtigen politischen Strategie können also selbst Länder mit niedrigem Einkommen die menschliche Entwicklung voranbringen.“ (73)[1]

3. Engagement für Gesundheit

Ein wichtiges Feld für eine in diesem Sinne „richtige politische Strategie“ ist die Gesundheitspolitik.

Tab. 2: Commitment to health

4. Schwächen des HDI

Neben den allgemeinen Messproblemen, mit denen jede statistische Erhebung konfrontiert ist (Aussageverweigerung, Falschaussagen) sind konkret auf den HDI bezogen zwei Schwächen zu nennen:

Die Ermittlung nationale Durchschnittswerte reicht v.a. dann nicht aus, wenn innerhalb der einzelnen Länder große Unterschiede bestehen. Im Bericht über die menschliche Entwicklung selbst werden ausdrücklich genannt: (58 ff.)

  • Die Kluft zwischen sozio-ökonomischen Gruppen;
  • die Kluft zwischen Stadt und Land;
  • die Kluft zwischen den Geschlechtern.

Seine Konzentration auf drei Themen bzw. vier Indikatoren schließt andere Indikatoren wie z.B. Umweltbelastung, Trinkwasserqualität oder die Zahl der Ärzte aus der Ermittlung der „menschlichen Entwicklung“ aus.

Diese Schwächen wurden z.T. durch die Einführung ergänzender Indices, die besondere Aspekte menschlicher Entwicklung hervorheben, ausgeglichen:

  • der Index der menschlichen Armut (human poverty index)
  • der geschlechtsbezogene Entwicklungsindex (gender-related development index)
  • das Maß für geschlechtsspezifische Ermächtigung (gender empowerment measure)

Literaturhinweise:

Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V. (Hrsg.): Bericht über die menschliche Entwicklung 2003, Bonn: 2003, 416 S., 27,90 €

Marc Vandepitte: Kuba: Armut, Reichtum und Sozialismus, in: Initiatief Cuba Socialista (Hrsg.), Kuba. Eine andere Welt ist möglich, [Berlin]: 2002, S. 15 ff.

 

[1]     Vgl. Bericht über die menschliche Entwicklung 2003, Feature 2.2, S. 73