Bürgerbegehren gegen Cross-Border-Leasing in Sankt Augustin

Bürgerbegehren gegen Cross-Border-Leasing kommt in Fahrt!

Heinz-Willi Schäfer, Bürgermeisterkandidat der SPD Sankt Augustin, erläutert die, nach Auffassung der SPD, entstehenden Risiken einer solchen Transaktion:

„Ein Thema hat die SPD in den letzten Wochen sehr beschäftigt:

Cross-Border-Leasing !

Die Finanznot in denen sich die Kommunen befinden – und daran ist die Bundesregierung nicht unschuldig, weil die Gemeindefinanzreform immer noch nicht klar definiert ist – lässt manch merkwürdiges Finanzmodell sprießen. So auch Cross-Border-Leasing.

Dabei erwirbt ein amerikanischer Investor Nutzungsrechte an einer kommunalen Einrichtung und kann durch diese Investition in Europa seine Steuerschulden in Amerika reduzieren! Der deutsche Eigentümer erhält einen sogenannten Barwertvorteil in Höhe von 3 – 4% der Transaktionssumme.

In Sankt Augustin soll die Transaktion so laufen, ein amerikanischer Trust erwirbt die Nutzungsrechte an den städtischen Kanälen und der Kläranlage für 99 Jahre. Er zahlt dafür den vollen Mietzins von 253 Millionen Dollar! Er wird wirtschaftlicher Eigentümer und kann dadurch die steuerlichen Vorteile in Amerika nutzen.

Die Stadt bleibt nach deutschem Recht Eigentümerin der Anlagen und mietet ihrerseits die Nutzungsrechte unmittelbar zurück! Klar?

Der vom Trust gezahlte Mietzins wird von drei Banken in US-Währung angelegt und verwaltet, davon wird der Mietzins des Untermieters, also der Stadt, an den Trust bezahlt.
Nach 27 Jahren ist der Steuervorteil für den amerikanischen Investor ausgeschöpft und die Stadt kann die Nutzungsrechte zurückerwerben. Der Rückkaufswert der Anlage wird bei Vertragsschluss errechnet und sollte aus den bei den Banken hinterlegten Geldern bezahlt werden können. Für dieses Geschäft erhält die Stadt einen sogenannten Barwertvorteil von ca. 10 Millionen Euro, den sie aber hinterlegen muss zur Absicherung der Rückabwicklung nach 27 Jahren. Der tatsächliche finanzielle Vorteil für die Stadt besteht in den Zinsen aus dem hinterlegten Barwertvorteil von ca. 10 Millionen Euro also beim momentanen Zinsniveau etwa in 300 000.00 Euro! Für das leere Stadtsäckel immer noch eine hohe Summe!

Hier stellt sich die Frage, handelt es sich bei Cross-Border-Leasing um ein Huhn das goldene Eier legt oder um ein windiges Finanzgeschäft mit unkalkulierbaren Risiken?

Nach intensiven Beratungen ist die SPD- Fraktion zu der Überzeugung gelangt hier handelt es sich um eine nicht nur finanzpolitisch, sondern auch moralisch bedenkliche Transaktion mit öffentlichem Eigentum, zum Nachteil des Amerikanischen Staates!

Ich will versuchen kurz unsere Bedenken zu skizzieren.

Für jeden Bebauungsplan oder jede Straßenbaumaßnahme wird eine Bürgerinformation durchgeführt! Bei einer Transaktion, wir oben beschrieben, wird das Thema in nichtöffentlicher Sitzung diskutiert und beschlossen!

Warum werden die Bürgerinnen und Bürger nicht über die Transaktion informiert und ihr Votum eingeholt? Wir haben einen Antrag zur Ratssitzung formiert, der die Verwaltung auffordert, eine oder mehrere Bürgerinformationsveranstaltungen durchzuführen!

Der Stadtrat muss einen weitreichenden Beschluss fassen, der die kommenden Generationen belastet, dazu braucht er Informationen. Wir haben einen Entwurf des Vertrages angefordert, eines Vertrages, der fast 1000 Seiten umfasst und nur in Englisch formuliert ist! Einen solchen Vertragsentwurf gibt es in der Verwaltung nicht! Der Stadtrat sollte also über einen Vertrag beschließen, der weder die Verwaltung noch die Ratsmitglieder vorgelegen hatte!

Dieses Vertragswerk richtet sich nach amerikanischem Recht, für die Transaktion gelten die Steuerrechte der Staaten New York, Connectikut und Delaware! Gerichtsstand ist New York! Bei Rechtsstreitverfahren müssen amerikanische Anwälte mit der Wahrung unserer Rechte beauftragt werden, Gerichtskosten und Anwaltshonorare liegen außerhalb unser Vorstellungen, damit könnte aus dem Geldsegen schnell eine Schuldenflut werden!

Aber weder die steuerrechtlichen Risiken noch die Zins- und Währungsrisiken sind über einen so langen Zeitraum kalkulierbar.

Wie bereits oben dargestellt, wird der Mietzins des Investors von uns bei drei Banken hinterlegt. Wir müssen darauf achten, dass die Bonität der Banken stets hoch ist, am Beispiel des WestLB kann man aber gut nachvollziehen, wie schnell eine Bank in Schieflage kommen kann! Ist das der Fall, müssen wir die hinterlegten Gelder auf einer anderen Bank zu gleichen Konditionen neu anlegen. Bei schlechteren Konditionen geht das Zinsrisiko zu unseren Lasten!

Ein weiteres Risiko ist die Entschädigungspflicht für den Verlust des U.S. Steuervorteils. Was sagt der Vertrag dazu? Wir wissen es nicht. Wir wissen aber, dass die amerikanische Steuerbehörde Cross-Border-Leasing inzwischen als Scheingeschäft charakterisiert hat und Änderungen beabsichtigt!

Als Letztes will ich noch darauf eingehen, was passiert wenn in den 27 Jahren oder nach den 27 Jahren ein Unglücksfall oder der Verlustfall eintritt!

Dann endet automatisch der Vertrag, wir werden Schadenersatzpflichtig und wir verlieren das Eigentum an der Anlage! Der Trust wird Eigentümer des Kanalnetzes und der Kläranlage! Ein finanzieller Schaden für die Bürgerinnen und Bürger, des öffentlichen Eigentums, von mindestens 253 Millionen Dollar!

Soviel zu den rechtlichen Bedenken. Überwogen haben bei uns in der Diskussion aber die moralischen Bedenken.

Nicht alles was rechtlich zulässig ist, ist moralisch vertretbar!

Es gibt Geschäfte, die mit einer verantwortungsvollen moralischen Haltung nicht möglich sind. Dazu gehört der Verkauf von öffentlichem Eigentum oder die Übertragung von Rechten an öffentlichen Einrichtungen! Gerade im Umgang mit öffentlichem Eigentum müssen wir, die Verantwortlichen, einen höheren moralischen Anspruch an uns stellen um dem erkennbaren Werteverfall in unserem Gemeinwesen entgegentreten zu können.

Aus den oben angeführten Gründen hat die SPD den Beschluss zu Cross-Border-Leasing abgelehnt.

Wie geht es weiter?

Wie oben aufgeführt wird ein Bürgerbegehren nach § 26 der Gemeindeordnung stattfinden. Für ein solches Bürgerbegehren braucht die Bürgerinitiative ca. 2600 Stimmen von wahlberechtigten Sankt Augustiner Bürgern. Liegt die erforderliche Anzahl von Stimmen vor, ich würde mir wünschen bis Ende November, muss der Stadtrat erneut über den Vertragsschluss abstimmen. Bleibt die Mehrheit bei ihrer Entscheidung, kommt es zu einem Bürgerentscheid, der dann den Ratsbeschluss ersetzt.

Bleibt die Hoffnung, dass ein erfolgreiches Bürgerbegehren den Bürgermeister und die CDU Mehrheit davon abhält, öffentliches Eigentum mit Rechten Dritter, hier eines amerikanischen Trusts, zu belasten und zu gefährden!

weitere Infos unter: http://www.nein-zu-cross-border.de/