Israel und die deutsche Linke

Rezension von:
Moshe Zuckermann
Zweierlei Israel? Auskünfte eines marxistischen Juden an Thomas Ebermann, Hermann L. Gremliza und Volker Weiß
Hamburg: konkret Verlag, 2003
konkret texte 34, 144 S., 12 €

Die konkret hatte sich in der linken Debatte um den Irak-Krieg mit einer Position wie „gegen Krieg und deutschen Frieden“ zwischen alle Stühle gesetzt. Nun traf man sich mit einem der profiliertesten marxistischen Intellektuellen Israels zum Gespräch.

Der Historiker Zuckermann bezeichnet sich selbst nicht (mehr) als Zionistea, lehnt es aber ab sich vom Zionismus zu distanzieren und wehrt sich gegen entsprechende Vereinnahmungen, insb.  aus Deutschland. Er erläutert die verschiedenen zionistischen Strömungen, sowie ihre Kritiker und Feinde.

Radikal fällt sein Urteil über die gegenwärtige politische Klasse Israels und die bürgerliche und religiöse Rechte aus. Oft sind es eher die deutschen Gesprächspartner, die die Aspekte der Sicherheitsinteressen Israels einbringen.

Man gewinnt den Eindruck, daß Zuckermann in seiner Einschätzung der Lage in Deutschland noch geprägt ist von der offiziös-bräsigen Erinnerungspolitik eines H. Kohl und das forsche Selbstbewußtsein der Walsers und Möllemänner in Schröders Berliner Republik noch nicht recht einzuschätzen weiß.

Gerade auch die Darstellung aktueller und historischer Zusammenhänge macht den Band wertvoll. Zuckermann analysiert aus marxistischer Perspektive die politische Struktur Israels in ihren sozio-ökonomischen Zusammenhängen.  So etwa Rolle und Entstehung der religiös-orthodoxen Schas-Partei als Bewegung unterprivilegierter orientalischer Juden. Auch die Frage wer in Israel heute Jude ist, wie man es wird und welche politischen Implikationen dies jeweils hat, bleibt nicht unbeantwortet.

Ein mögliches Fazit aus dem Gespräch könnte lauten, daß der alte Satz für eine sozialistische Linke immer noch gilt: der Hauptfeind steht immer erstmal im eigenen Land.

Fazit: ein rundum interessantes und informatives Buch, das insb. all denen empfohlen sei, die keine Lust haben sich mit plumpen antideutschen oder vulgär-antiimperialistischen Positionen zufrieden zu geben.

Markus Lauber