Steuerreform à la Trump

US-Präsident Donald Trump

von Alexander Recht, Lehrer In seiner Inauguraladresse an die amerikanische Bevölkerung sagte US-Präsident Donald Trump: „Schutz vor Handel wird zu großem Reichtum und Stärke führen.“ Daher soll seine Steuerpolitik nicht zuerst das Aufkommen erhöhen, sondern protektionistisch wirken. Hierfür plant die Trump-Regierung, die Besteuerung umzustellen, wie zu erläutern ist. Ein US-Schuhhersteller beziehe Rohleder für 70 US-Dollar (USD) aus Italien, verarbeite es mit Löhnen von 20 USD zu Schuhen, die einem US-Kunden zu 100 USD verkauft würden. Dann ist der Gewinn 100 – 70 – 20 = 10 USD. Bislang gilt: Der Gewinn von 10 USD wie auch auch die Löhne von 20 USD werden in den USA besteuert. Der Gewinn des italienischen Lederverkäufers, dessen Vorleistungen wir vereinfacht = 0 setzen, ist 70 USD und wird in Italien besteuert. Die Trump-Regierung möchte nun das Steuerprinzip umkehren. Anders als in anderen OECD-Staaten soll Grundlage der Besteuerung künftig nicht mehr die Wertschöpfung sein, sondern der Zahlungsfluss (Cash-Flow). Da der italienische Lederverkäufer seinen Gewinn von 70 USD in den USA erzielt, soll er nicht nur als Wertschöpfung in Italien, sondern auch als Zufluss in den USA besteuert werden. Auch wenn diese Maßnahme das US-Steueraufkommen erhöht, ist dies nicht das Motiv. Motiv ist es vielmehr, den Import zu verteuern und konkurrierende US-Lederverkäufer zu begünstigen. Dass es um Protektionismus geht, zeigt sich am Verkauf. Verkauft der US-Hersteller weiter an einen US-Kunden, verändert sich an der Besteuerung nichts, da Wertschöpfung wie Zahlungszufluss in den USA erfolgen. Die Steuergrundlage des US-Herstellers laut Cash-Flow ist dann nach wie vor 100 – 70 – 20 = 10 USD. Verkauft der US-Hersteller hingegen an ausländische Kunden, ist der Export kein Zufluss in den USA. Die Steuergrundlage ist nun 0 – 70 – 20 = –90 USD. Der US-Hersteller muss keine Steuern zahlen und hat sogar einen negativen Vortrag für die Zukunft. Dadurch … Read More

Die SMK-Theorie wieder aufgreifen …

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Mit dem Zusammenbruch des sozialistischen Staatensystems und dem Niedergang der kommunistischen Parteien und marxistischen Strömungen in der Sozialdemokratie ist es still um den „Staatsmonopolistischen Kapitalismus“ geworden. Seit der Wirtschafts- und Finanzkrise 2007/2008 taucht er zur Charakterisierung des gegenwärtigen Gesellschaftssystems mitunter zwar wieder auf, von einer Renaissance der Theorie des staatsmonopolistischen Kapitalismus (im Folgenden kurz SMK-Theorie) kann aber keine Rede sein. Da fällt es auf, dass in relativ kurzen Abständen zwei Bücher erschienen sind, die sich explizit der SMK-Theorie widmen: 2015 erschien im PapyRossa Verlag der von Gretchen Binus, Beate Landefeld und Andreas Wehr verfasste Band „Staatsmonopolitischer Kapitalismus“.[1] 2016 erschien der hier zu besprechende Sammelband „Staatsmonopolistischer Kapitalismus. Ideologischer Kampfbegriff oder Ansatz zur Analyse des modernen Kapitalismus?“.[2] Trauriger Anlass für die Herausgabe des Bandes war das Ableben von Heinz Petrak. Der marxistische Gesellschaftswissenschaftler ist im September 2014 im Alter von 85 Jahren in Berlin verstorben. Seine wissenschaftliche Laufbahn vollzog sich über 30 Jahre am Institut bzw. der Akademie für Gesellschaftswissenschaften in Berlin, wo er sich vor allem mit der Analyse des realen Kapitalismus befasste, u.a. als Mitautor der umfangreichen Studie „Imperialismus heute. Der staatsmonopolistische Kapitalismus in Westdeutschland“[3]. Seine wissenschaftliche Arbeit steht im Mittelpunkt gleich mehrerer Beiträge des Bandes: Erhard Crome fasst einen Beitrag von Heinz Petrak zusammen, den dieser 2012 auf einer Tagung des Gesprächskreises „Frieden und Sicherheitspolitik“ der Rosa-Luxemburg-Stiftung gehalten hat[4]; Joachim Poweleit hat Extrakte aus Heinz Petraks Arbeit „Staatsmonopolistischer Kapitalismus und Kampfkonzeption der Arbeiterklasse“[5] zusammengestellt; Herbert Schwenk würdigt den Beitrag von Heinz Petrak zur SMK-Theorie („Totschweigen ist keine Argument“). Ergänzt werden diese Beiträge durch einen von Jörg Goldberg und André Leisewitz verfassten Rückblick auf die Studien zum Staatsmonopolistischen Kapitalismus am Institut für Marxistische Studien und Forschungen (IMSF) in Frankfurt a. M. Kurt Neumann ruft die Strategiediskussion in der deutschen Sozialdemokratie der 1970er und 80er Jahre in Erinnerung, und Gretchen Binus … Read More

Theoriekreis: Big Data

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Big Data ist in aller Munde. Neben dem Aspekt staatlicher und privater Überwachung eröffnen sich neuen Möglichkeiten der Erfassung und der Beeinflussung der Wirklichkeit. Keine Wunder, dass das Thema umstritten ist. Manches kapitalistische Unternehmen wittert Gewinnpotenzial, Verbraucherverbände warnen. Teile der Linken sehen Gefahren, andere weisen auf Chancen zur politischen Gestaltung der Verhältnisse hin. Zeit also, darüber zu diskutieren. Referent: Markus Lauber, Historiker und Datenanalyst Termin: Freitag, 17.03.2017

Tätigkeitsbericht für 2016

Unser Verein hat auch in 2016 wieder eine ansehnliche Zahl von Veranstaltungen allein oder mit Partnern durchgeführt. Erfreulich ist zudem, dass die Zahl unserer Mitglieder zuletzt leicht gestiegen ist: Zum Ende des Jahres hatte unser Verein 93 Mitglieder. Veranstaltungen In 2016 fanden fünf Theoriekreise statt:

Verein zur Förderung der politischen Kultur: Tätigkeitsbericht 2016

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Unser Verein hat auch in 2016 wieder eine ansehnliche Zahl von Veranstaltungen allein oder mit Partnern durchgeführt. Erfreulich ist zudem, dass die Zahl unserer Mitglieder zuletzt leicht gestiegen ist: Zum Ende des Jahres hatte unser Verein 93 Mitglieder.   Veranstaltungen In 2016 fanden fünf Theoriekreise statt: Briefwechsel zwischen Paul Mattick und Roman Rosdolsky. Ein hochspannender Dialog zwischen zwei entscheidenden marxistischen Theoretikern des 20.Jahrhunderts, Ref.: Felix Klopotek (im Februar) Klimaklempnern und Klimapolitik. Zur internationalen Debatte um Climate Engineering, Ref. Nils Matzner (im Juni) … was die junge Generation so umtreibt. Einblick in die aktuelle deutsche Friedens- und Konfliktforschung, Ref.: Christiane Lammers (im August) Innovation und Sozialismus. Die "53 Thesen" des Projektes Moderner Sozialismus aus heutiger Sicht, Ref.: Uwe Kremer (in November) Bilder vom Entsetzen und Aufbegehren in der »Ästhetik des Widerstands« (aus Anlass des 100. Geburtstags von Peter Weiss), Ref.: Klaus Stein (im Dezember) Im Rahmen unseres „Sommerprogramms“ haben wir im Juli eine Führung durch die Ausstellung „Das Bauhaus. Alles ist Design“ in der Bundeskunsthalle in Bonn und im August eine Wanderung im Siebengebirge angeboten.   Kooperationen Fortgesetzt haben wir unsere Zusammenarbeit mit dem Rosa-Luxemburg-Gesprächskreis Sülz/Klettenberg bzw. der Rosa-Luxemburg-Stiftung NRW: Ist der Kapitalismus am Ende? Streitgespräch zwischen Wolfgang Streeck, ehem. Direktor des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung, und Sahra Wagenknecht, Vorsitzende der Bundestagsfraktion der LINKEN (im Januar); beteiligt war auch die Hochschulgruppe „Sozialwissenschaften“ an der Universität zu Köln Die Milieus der AfD. Diskussion mit Prof. Dr. Michael Vester, Milieuforscher, und Dr. Oliver Decker, Vorstandssprecher des Kompetenzzentrums für Rechtsextremismus- und Demokratieforschung an der Universität Leipzig (im Dezember); beteiligt war neben der Hochschulgruppe „Sozialwissenschaften“ an der Universität zu Köln auch der EL-DE-Haus-Verein. Natürlich waren wir auch wieder mit einem Infostand am Familienfest des Deutschen Gewerkschaftsbundes am 1. Mai in Köln beteiligt.   Unterstützung für politische Initiativen Im Laufe des Jahres haben wir diese Aufrufe unterstützt: … Read More

Besserverdienende bevorzugt!

von Hans Lawitzke, IG-Metall-Betriebsrat Grundsätzlich nichts Neues: Aber jetzt belegt eine wissenschaftliche Studie, dass die deutschen Parlamente positiver auf Meinungsäußerungen von Besserverdienenden regieren als auf Positionen von (Einkommens-)Armen. Im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales untersuchte der Fachbereich „Kultur- und Sozialwissenschaften“ an der Universität Osnabrück, ob und wie die deutsche Politik auf geäußerte Meinungen der ganzen deutschen Bevölkerung und ihrer Teilgruppen reagiert. Dazu wurden Umfragen aus dem Deutschlandtrend von 1998 bis 2013 ausgewertet und zu 252 Sachthemen ermittelt, welche Positionen die Befragten hatten. Sodann wurde auf Grundlage der Beschlüsse der deutschen Parlamente geprüft, ob innerhalb einer Frist von vier Jahren dazu Entscheidungen gefällt wurden und ob sie den jeweils geäußerten Meinungen entsprachen. Dass in der Gesamtheit aller Themen die Parlamente häufiger der Mehrheitsmeinung der Gesamtbevölkerung folgen, ist die erste Erkenntnis, auch wenn dies in einer Demokratie wenig Überraschung erzeugen sollte. Spannender sind die Ergebnisse bei den Themen, in denen die Meinungen der Armen und Reichen deutlich auseinandergehen. Das sind immerhin 140 Sachfragen. „Die Ergebnisse zeigen ein klares Bild: Je höher das Einkommen, desto stärker stimmen politische Entscheidungen mit den Meinungen der Befragten überein“ (Endbericht, Seite 34). Kurzum: eine spannende Lektüre, die Erklärungsansätze bietet, warum sich bestimmte soziale Gruppen nicht durch unsere Demokratie vertreten fühlen.

Big Data im Hightechkapitalismus

Wortwolke BigData

von Markus Lauber, Historiker und Datenanalyst Der Begriff Big Data bezieht sich auf eine neue Methode der Datenspeicherung und -verarbeitung, die seit den 2000er Jahren von US-Firmen wie Amazon, Google und Facebook als Antwort auf die Herausforderung exponentiell anwachsender Datenmengen entwickelt wurde – Mengen, die wegen abgeflachter Zunahme der Leistungsfähigkeit von Computern in Echtzeit verarbeitet werden sollten. Mit anderen Worten: Die bisherigen Innovationen in der Informationstechnologie konnten im Hinblick auf Kosten und Leistungen mit den Anforderungen nicht mehr Schritt halten, und als Lösung wurde entwickelt, was man heutzutage Big Data nennt.   Das Grundprinzip Das Prinzip von Big Data besteht in der Verteilung der Datenhaltung auf beliebig viele einzelne Rechner, die von Komponenten handelsüblicher PCs bis hin zu großen Servern reichen können. Neben der Speicherung ist auch die Verarbeitung der Daten verteilt. Jeder Rechner bekommt seine Aufgabe zugewiesen, arbeitet diese unabhängig von den anderen ab und meldet das Ergebnis an einen koordinierenden Server. Die Verarbeitung kann die Festplatte und speziell für Anwendungen mit hohen Geschwindigkeiten auch den schnelleren Hauptspeicher nutzen. Entscheidend ist die fast beliebige Erweiterung (Skalierbarkeit) zu vertretbaren Kosten bei gleichzeitig hoher Sicherheit durch mehrere regional verteilte Kopien der Daten. Jede Information liegt auf 3-5 Rechnern, und sollte einer hiervon ausfallen, wird die Information auf einen neuen Rechner geschrieben. Dadurch entfallen teure zusätzliche Backups, und zugleich stehen mehr Einheiten für Berechnungen bereit. Open Source und Kapital Für die Entwicklung der Software haben sich die Firmen dessen bedient, was man Open Source nennt. Es wird freie, zunächst unentgeltliche Software entwickelt, deren Weiterentwicklung der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt wird. Die Produktion von Big-Data-Software wird heute u.a. von der Apache Foundation (1999 gegründet) betrieben, die Geld von Großspendern aus dem Silicon Valley erhält. So können Firmen bei der Entwicklung kooperieren, ohne Probleme mit dem Kartellrecht zu bekommen, und frei- und bereitwillige Kooperation … Read More